Warum sind BDSM - Trennungen so kompliziert?

Trennungen verlaufen selten komplett reibungslos und sauber. Auffällig ist aber, dass besonders jene unter BDSMlern kompliziert und häufiger als sonst unschön verlaufen.

Ausschlaggebende Unterschiede
Die Unterschiede liegen in der besonderen Art der Beziehung begründet. Was unterscheidet also eine BDSM Beziehung von einer Nicht-BDSM-Beziehung? Zur Vereinfachung gehe ich von einem männlichen Dom und einer weiblichen Sub aus, grundsätzlich ist die Geschlechterfrage aber egal.

1. Wenn Liebe und BDSM zusammenfallen, müssen zwei sehr unterschiedliche Beziehungsmodelle unter einen Hut gebracht werden. Zum einen haben wir den gleichberechtigten Alltagspart Mann und Frau, aber eben auch den dazu konträren Part Herr/Dom und Sklavin/Sub. Eine BDSM - Liebebeziehung ist daher genau genommen eine Doppelbeziehung, wenn auch mit den gleichen Personen.

2. BDSM wird von vielen als besonders intensive Verbindung empfunden, gerade auf devoter Seite wird oftmals mehr vertraut und sich hingegeben, als in einer normalen Beziehung. Daneben hat der dominante Part, bedingt durch Elemente wie Erziehung und Strafe, mehr Macht über seine Partnerin als ein normaler Mann.

3. Besonders dominante Personen haben häufig Komplexe und leiden unter Verlustängsten. Eine Sklavin (nicht Sub) wird als Eigentum ihres Herrn angesehen, Sklavenverträge und andere Symbole verstärken diesen Eindruck zusätzlich. Auf devoter Seite wird der dominante Part während der Beziehung zudem häufig idealisiert.

4. Dominant und devot sind zwei Seiten einer Medaille, ohne dien jeweils anderen ist man zwar BDSMler, aber eben kein Herr oder keine Sklavin mehr. Gerade wenn beide zusammen ihr BDSM entwickeln, verbindet dies zudem sehr.

Auswirkung dieser Unterschiede
Eine BDSM - Liebesbeziehung besteht also aus zwei separaten Beziehungen (z.B.: Mann-Frau und Herr-Sklavin), wenn es in einer dieser beiden Beziehungen dauerhaft nicht stimmt, kommt es zu einer Entliebung. Das Problem ist, dass der andere Teil der Beziehung vielleicht dennoch oder gar deswegen sehr gut läuft. Wenn eine BDSM - Beziehung demnach auf der Alltagsebene scheitert, kann sie auf der BDSM - Ebene noch vollkommen intakt sein. Dass dies zu Problemen führen kann, liegt auf der Hand. Trennungen können sich herauszögern (man liebt ja noch, wenn auch nicht auf allen Ebenen) und somit kommt immer mehr Konfliktpotential zusammen. Auch kann die Lust überwiegen und so kommt es selbst nach der Trennung noch zu Spielen, verbunden mit der Illusion einer intensven Verbindung. Und natürlich haben Menschen, die sich nur noch auf einer der beiden Beziehungsebenen lieben, nicht nur mit dem Partner, sondern auch mit sich selbst einen Konflikt. Gesetzt den Fall eine Frau entliebt sich, die anderen drei Verbindungen sind aber intakt (Mann liebt Frau und Beziehung Dom>Sub und Sub>Dom ist heile), so kann auch ihr eigener innerer Konflikt viel Schaden anrichten.

Eine intensive Beziehung zu führen bedeutet, den anderen auch besonders intensiv kennen zu lernen. Der devote Part offenbart häufig sonst gut gehütete besonders verwundbare Stellen. Dieses Wissen kann bei einer Trennung natürlich auch missbraucht werden.

Wer sich hingibt und dem anderen vertraut, ihn mitunter sogar idealisiert, der kann eine sehr große Enttäuschung erleben, wenn die Beziehung scheitert. Dinge, die im Vertrauen gemacht worden sind (Verträge, Filme usw.), sind nun eine Bedrohung und natürlich kann es schnell zu dem Gefühl kommen, verraten und hintergangen worden zu sein. Einige dominante Personen versuchen, sich als unfehlbar und besonders darzustellen und devote Personen neigen allgemein dazu, den eigenen Partner zu idealisieren. Fällt das Kartenhaus in sich zusammen, fühlt sich der devote Part natürlich hintergangen, denn er glaubte ja daran, einen Übermenschen als Partner zu haben. Auch der Verlust einer als so besonders empfundenen Beziehung schmerzt mehr als der normale schon bekannte Trennungsschmerz.

Dass Machtverlust schmerzt und schlecht akzeptiert werden kann weiß jeder, wir müssen aktuell nur in die Politik schauen, fast jeder große Politiker kann schlecht abtreten und sich danach dauerhaft im Hintergrund halten. Ähnlich ergeht es auch vielen Doms. Sie hatten die Macht über ihre Sub, und diese herzugeben fällt vielen sehr schwer. Um zu zeigen, dass sie immer noch Macht haben, verletzen sie die ehemalige Partnerin. Wie das am besten geht wissen sie, da sich die Partnerin in der Beziehung sehr geöffnet hat. Dass viele dominante Personen unter Komplexen und Verlustängsten leiden, verstärkt diese Gefahr natürlich ungemein. Gemachte Verträge und Versprechungen geben dem allen zudem den Anschein, für die Ewigkeit zu sein und viele dieser Verträge eröffnen nur dem dominanten Part die Möglichkeit, sich zu trennen. Das ist zwar ziemlicher Unsinn, aber hierauf wird sich dann bei einer Trennung gerne berufen.

Mit dem Verlust des Partners verlieren beide auch ihr gemeinsames BDSM. Hier wird dann schon mal um das Halsband gestritten, welches Symbol der Beziehung und der Unterwerfung war. Sowohl der dominante wie auch der devote Part gönnen dem anderen diese Dinge häufig nicht, meist weil sie es grausam fänden wenn ihr Symbol in einem anderen Spiel ohne ihre Beteiligung genutzt würde. Nicht nur das gemeinsame BDSM wird aber verloren, ohne den ergänzenden Part ist der Herr eben kein Herr mehr und die Sklavin eben keine Sklavin. Jener der sich trennt, nimmt also mit der Trennung dem anderen etwas weg, dass dieser als sein Selbst erachtet.

 

Es kann aber zum Glück auch ganz anders gehen. Ich habe in meinem Leben sechs BDSM -Beziehungen geführt, in denen es nicht nur um BDSM, sondern (zumindest für mich) vor allem um die Liebe ging. Eine davon endete desaströs, zwei nicht gut (also die noch normalen Trennungsprobleme) und drei friedlich/freundschaftlich. Bei reinen Spielbeziehungen hatte ich keine einzige Trennung, die ich auch nur als problematisch ansehen würde, wobei ich weiß, dass es durchaus Enttäuschungen auf der Sub-Seite gab.

Ich denke zu diesem Thema hat jeder seine eigene Meinung. Daher würde ich diesen Beitrag gerne um andere Ansichten erweitern. Ich hoffe, einige schreiben ihre Sichtweisen und ergänzen somit ganz individuell diesen Artikel.

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