Der richtige Zeitpunkt

Wann ist der richtige Zeitpunkt für das erste Spiel und was kann man tun wenn dieser Zeitpunkt verpaßt wurde?

Eine Frage, die vielleicht zu den wichtigsten im Bereich BDSM gehört, aber fast nie gestellt wird und auf die ich auch erst im Rahmen der Rubrik Fragen und Antworten kam.
Da mir hier keine wirkliche Patentantwort einfiel, machte ich mich auf die Suche nach interessanten Denkanstößen. Nur, egal welches Forum, egal welche Seite, niemand scheint sich dieses Themas wirklich annehmen zu wollen und eigentlich ergibt es sich ja auch immer von selbst, die pure Lust beider lässt sie den gemeinsamen Tanz wagen.


Die reine Spielbeziehung

Ich mag das Konstrukt der Spielbeziehung durchaus, es ist eine sehr ehrliche Art einer Beziehung. Beide haben ihre Vorstellungen und diese werden gemeinsam umgesetzt. Die Beteiligten verabreden sich, es wird geschaut, ob die Chemie stimmt und oftmals finden sich diese schon nach kurzer Zeit im Bett, in den Seilen oder wo auch immer wieder.
Das Einzige, was mich persönlich immer wieder erstaunt, ist die Hingabe und das Vertrauen, welches dabei an eine doch recht fremde Person verschenkt wird. Natürlich macht dies auch einen Teil des Kicks des devoten Parts aus. Speziell wenn er den Dom nicht einschätzen kann, ist das Spiel spannend und wen kann man schlechter einschätzen als eine fremde Person?

Ich persönlich wäre dafür wohl zu sehr ein Kopfmensch, um mich auf solch ein Spiel mit sehr vielen Unbekannten einzulassen. Als Dom, zudem ausgestattet mit einem gewissen Erfahrungsschatz, habe ich diese Bedenken jedoch nicht, denn als Bestimmer des Spiels liegt es in meiner Hand, welche Richtung es nehmen soll. Natürlich kommt es auch vor, dass sich beide sehr lange beschnuppern oder eben schon kennen, typisch ist dies aber nicht unbedingt.


Die Liebesbeziehung

Ist es mehr als nur ein schönes gemeinsames Spiel, was die Partner verbinden soll oder benötigt Sub eine gewisse Vertrauensbasis? Dann geht es meist nicht ganz so schnell und der Zeitpunkt des ersten Spiels ist mitunter auch eine Kopfentscheidung.

Zuerst der Mensch, dann der Spielpartner?
Meine Antwort auf die Frage, was mir in einer Liebesbeziehung wichtiger ist, die Sub oder die Frau, ist ganz eindeutig: die Frau. Jedoch würde ich den Satz noch um einen Halbsatz ergänzen und ausführen, dass ich mir keine Beziehung mit jemandem auf Dauer vorstellen kann, der nicht auch meine Sub sein will. Warum also nicht zuerst den Menschen kennen lernen bevor die zweite Ebene gemeinsam erkundet wird?

Die Gefahren sind dabei folgende: Es können beide starke Gefühle füreinander entwickeln und plötzlich merken sie, dass es auf der anderen Ebene nicht passt. Dies bedeutet über kurz oder lang eigentlich immer, dass die Beziehung scheitern wird.
Daneben kann aber auch eine große Vertrautheit dazu führen, dass Dom und Sub sich zu nah sind und das Spiel mit Nähe und Distanz, welches nicht unwichtig ist, einfach nicht klappen will, besonders wenn eben nur die Ebene des liebevollen Umgangs miteinander über längere Zeit ausgelebt wurde. Hier dann die nötige Distanz zu schaffen, ist kein leichtes Unterfangen.

Zuerst das Spiel, dann der Mensch?
Selbst wenn es nicht als Affäre geplant war und eine Beziehung wurde, kommt es häufig vor, dass zuerst einmal das Spiel im Vordergrund steht. Solange beide die gleiche Zielrichtung und sich auch diesbezüglich ausgetauscht haben, ist dies absolut kein verwerfliches Verhalten.
Viele Beziehungen im Bereich BDSM scheitern daran, dass die Partner auf eben jener Ebene nicht zusammenpassen. Warum also nicht diese Ebene zeitnah austesten? Soll es jedoch mehr als nur eine Affäre werden, darf bei all den Freuden nicht das normale „Kennenlernen“ vergessen werden. Aber dies kann auch ganz entspannt nach einer Session erfolgen, wenn beide total entspannt im Bett liegen.
Die Zeit sollte natürlich dauerhaft nicht nur dort verbracht werden, geht auch mal raus in ein Café oder macht einen Stadtbummel oder was auch immer.

Stimmt alles im Spiel, aber passt es von beiden Seiten aus menschlich nicht wirklich, kann zumindest eine Affäre geführt werden. Passt es hingegen menschlich, aber nicht im Spiel, macht eine Beziehung jedoch meist keinen Sinn. Sollte sich hingegen nur einer verlieben, dann sollte weder eine Beziehung noch eine Affäre geführt werden, dies macht zumindest einen auf Dauer nur unglücklich.

Gerade Männer neigen dazu, Frauen, die sie schnell ins Bett bekommen, als Schlampen abzustempeln, mit denen sie gerne Sex haben, aber keine Beziehung wollen. Natürlich ist das vollkommener Schwachsinn, denn Mann und Frau machen das gleiche, also entweder sind sie beide Schlampen oder keiner. Solange sich diese Denkweise (und das im Zeitalter der Gleichberechtigung) nicht durchgesetzt hat und man sich nicht sicher ist, ob der andere so denkt, sollte vielleicht nicht alles sofort gemacht werden.

Ich habe bisher sechs Beziehungen geführt, mit vieren landete ich direkt am Anfang im Bett und im Schnitt hielten diese Beziehungen länger als die anderen. Frauen scheinen daher Männer nicht in eine negativ behaftete Schublade zu stecken, wenn er etwas schneller „zur Sache“ kommt.

Es gibt aber eine recht spezielle Gefahr für den Dom, der nach Liebe sucht. Eine Sub gibt sich einem Dom oftmals sehr intensiv hin, daraus entwickeln sich zum Teil nach kurzer Zeit bereits heftige Gefühle der Sub für den Dom. (Wirkliche tiefe und innige) Liebe ist aber eigentlich etwas, das nicht über Nacht entsteht, sondern erst nach Monaten oder gar Jahren.
Wenn sich der Mann also nur in die Frau verliebt und die FemSub nur in den MaleDom, so wird auf zwei verschiedenen Ebenen geliebt und dies endet meist recht tragisch (eigene schmerzvolle Erfahrung).

Beides im Gleichklang?
Das Nähern auf beiden Ebenen ist sicher nicht leicht, gerade da am Anfang die Hormone gerne mit einem durchgehen, jedoch muss ja nicht immer mit dem Unterleib gedacht werden. Eine Beziehung hängt von vielen Faktoren ab und das ein oder andere kann auch sehr nett verbunden werden. Warum nicht zusammen feiern gehen und das ein oder andere kleine Spielchen mit einbinden? Ist es nicht ein schöner Kick, in einer lauen Sommernacht auf dem Heimweg den Partner in einen Hinterhof zu bugsieren und ihn dort zu benutzen…

Besonders schwer ist dies bei Fernbeziehungen, hier sehen sich beide selten und via Telefon, Chat, Mails etc lernen sie sich zumindest augenscheinlich gut kennen. Dies ersetzt aber nicht vollständig das normale „Kennenlernen“ und natürlich macht es meist eher mehr (körperlichen) Hunger auf den anderen als weniger.
Wenn sich beide drei Tage sehen, sollten schon vorher zwei kommunikative (sprich kein Kinobesuch) Dinge außerhalb der Wohnung fest eingeplant werden (z.B. brunchen, shoppen, picknicken, Stadtbummel, Cocktailabend, Sport).


Was, wenn der passende Zeitpunkt verpasst wurde?

Die Zeit kann niemand zurückdrehen. Wer zu lange wartet, der hat vielleicht Probleme mit der Distanz oder dem Blick für den anderen und kann sich gar nicht vorstellen, dass dieser wirklich mal „böse“ sein kann. Hier hilft nur eines: Dom (in spe) sollte sich das OK der Sub geben lassen, dass er nun mit ihr spielen kann, dann liegt es in seinen Händen, den richtigen Zeitpunkt abzupassen und als aktiver Part sollte er das natürlich auch machen.

Dennoch kann auch der devote Part ein solches Spiel einleiten, dafür müsste er/sie sich nur darüber informieren, was der Dom als Einstieg mag und dies dann vorbereiten (z.B. Sub wartet auf den Dom kniend neben dem Bett, wenn dieser zurückkommt und hat ihm sein Lieblingsspielzeug hingelegt).
Noch wichtiger als sonst können nun strikte Trennungen der beiden Bereiche helfen, zumindest bis es sich eingespielt hat. Ganz klassisch kann das Spiel mit dem Anlegen des Halsbands beginnen und auch enden.

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