Erschwerter Zugang zu Szene

BDSM mit Behinderung… dazu muss man zunächst natürlich die Art der Einschränkung definieren, was bei mir nicht ganz so einfach ist. Gut, ich bin definitiv bewegungseingeschränkt, soviel kann ich sagen. Das bezieht sich fast vollständig auf die Beine, da diese Dank eines sehr massiv ausgeprägten Lip-Lymphödems einzeln schon schwerer sind als so manches Supermodel.

Aber natürlich hat das auch Auswirkungen auf den Rest meines Körpers, denn da das Lymphsystem generell geschädigt ist und ich durch andere „Gendefekte“ und zu wenig Bewegung aufgrund der Beinproblematik noch ein paar Extrapölsterchen mit mir spazieren trage, sind natürlich alle Knochen und Gelenke betroffen, vor allem aber die Hüften und der Rücken. Also kann ich nicht nur nicht besonders schnell oder weit laufen, ich kann auch nicht wirklich gut und lange an einer Stelle stehen. Was für längere Flagellationsspiele natürlich nachteilig ist.

Menschen im Rollstuhl sieht man direkt an, dass sie behindert sind, auch Blinde müssen sich nicht erklären, anderen Krankheitsbildern wird Verständnis, meist sogar (ungewolltes!) Mitleid entgegengebracht. Sieht man jedoch aufgrund seiner Krankheit aus wie ich, dann werden erst einmal alle Vorurteile gegen Übergewichtige ausgepackt (was auch verständlich ist, schließlich ist das Krankheitsbild immer noch nur wenig bekannt, sowieso in dieser starken Ausprägung) und so kann ich nur selten mit Verständnis oder einer vernünftigen Reaktion bzw. Antwort rechnen, wenn es um die örtlichen Gegebenheiten einer Treff- bzw. Spiellokalität geht oder um die Nicht-Einhaltung von Dresscodes.

Das klingt jetzt natürlich nicht wirklich einschränkend und im Prinzip ist es das ja auch erstmal nicht, aber am Ende sorgt es dafür, dass ich auf viele Partys, Stammtische und ähnliches verzichten muss. Und auch so lebt und erlebt man BDSM. Oder in meinem Fall dann eben nicht. Ich kann keine steilen Treppen. Nicht, weil mir das nach oben zu anstrengend ist sondern weil ich beim nach unten laufen fallen könnte. Ich kann und will (!) keinen Dresscode, weil ich nicht aussehen möchte wie Presswurst gut durch und ich nun einmal keinen schönen Schuhe, geschweige denn Heels oder Overknee-Stiefel tragen kann. Geht einfach nicht.

Selten reagiert ein Veranstalter auf meine Anfragen und wenn doch, dann muss ich mir teilweise Dinge anhören/lesen, die deutlich unter der Gürtellinie sind. Das hat selbstverständlich nichts mit BDSM direkt zu tun, gehört aber zu meinem Alltag als Behinderte. Ich habe einen GdB von 100% mit aG und B und bin Frührentnerin. Es ist, wie es ist. Ich kann nicht einfach mal 20 Minuten hinter und neben einem/r Sub stehen um ihn/sie zu verbimsen oder kunstvoll einzuschnüren. Ist nicht. Ich brauche hier und da Hilfe im Alltag und sei es an schlechten Tagen, dass mir jemand Schuhe und Strümpfe anzieht. Wenn ich denn überhaupt in normale Schuhe komme und meine Füße nicht gerade wieder so dick sind, dass das unmöglich ist.

Ich muss bei Veranstaltungen vorher schauen, ob alles barrierefrei ist (was es meistens nicht ist) und – auch wenn es sich dumm anhört – ob ich auf die Toiletten und die Stühle passe, da beide manchmal ziemlich schmal und eng sind. Und stehen kann ich nun mal nicht. Ich muss nachfragen, ob ich auch ohne Einhaltung des Dresscodes reinkomme und mir im Zweifelsfall die Blöße geben, zu erklären, warum ich eben nicht standesgemäß in LLL, Nylons, Heels und ähnlichen Dingen antanze. Wenn ich BDSM betreibe, dann fast ausschließlich bei mir zu Hause, so dass ich dann „Fremden“ erstmal erläutern muss, wozu der Schlauch und das Sauerstoffgerät in meiner Wohnung da sind – denn ich habe auch noch eine mäßig ausgeprägte Form von COPD in Kombination mit Schlafapnoe.

Ich lebe und es geht mir gut, auch wenn ich körperlich zuweilen ziemlich eingeschränkt bin und werde. Ich kann mein BDSM soweit leben und habe Spaß daran und dabei und wenn ich dabei wirklich mal Hilfe brauche, dann habe ich Freunde, die auch so unterwegs sind und die Bescheid wissen, geht also auch. Manche Dinge gehen einfach nicht, das ist eben so. Und manche Menschen müssen eben „aufgeklärt“ werden, warum meine Beine aussehen, als würden sie zu einem Elefanten gehören. Nur so kann ich auch dazu beitragen, dass zum einen ebenfalls Betroffene eher erkennen, dass sie diese Krankheit haben und zum anderen dafür sorgen, dass die Menschen es generell als Krankheit und nicht als Ergebnis von Unmäßigkeit, Fresssucht und Undiszipliniertheit ansehen.

BDSM auf Partys gibt es für mich dann eben nur, wenn die Leute zum spielen nicht in den Keller gehen ( ;) ) und sie akzeptieren, dass ich eben einen „Fetisch“ für bequemes Schuhwerk habe ;)

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