Bedeutet BDSM Verzicht?

Oftmals werde ich gefragt, ob BDSM nicht dazu führt, auf andere Dinge im Leben verzichten zu müssen. Ich denke, das ist nicht so, denn mag es auch manchmal schwerer sein, alles unter einen Hut zu bekommen, unmöglich ist es sicher nicht. Der folgende Text enthält jedoch für den ein oder anderen auch einige eher unschöne Wahrheiten.


Zärtlichkeit und normaler Sex

Natürlich gibt es die Fälle, in denen das Interesse an normaler Sexualität gen Null tendiert und auch die Fälle, in denen Sub oder Dom mit dem (Spiel-)Partner keine Zärtlichkeit austauschen wollen.
Ich selber führte vor einiger Zeit eine Liebesbeziehung, in der meine Partnerin die Lust am normalen Sex vollständig verloren hatte. Sie wollte zwar immer Sex, aber eben nur auf die „harte“ Tour. Mir persönlich fehlte der normale Sex sehr, sprich ich wäre niemand, der darauf dauerhaft in einer Liebesbeziehung verzichten wollen würde und wohl auch könnte.
Aber selbst in jener Beziehung kam die Zärtlichkeit, zumindest außerhalb der Sexualität, nicht zu kurz.

Auf körperliche Wärme ist jeder Mensch angewiesen und wenn es eine Liebesbeziehung ist, wird ein jeder versuchen, diese auch von seinem Partner und nicht von einer fremden Person zu erhalten. Werden hingegen reine Spielbeziehungen geführt, kommt es häufig vor, dass der normale Sex oder gar Sex überhaupt ausgeklammert wird.

Artikel zum Thema BDSM und Sex


Liebe

BDSM und Liebe ist für mich die schönste Kombination, wenn sicher auch nicht immer die leichteste. Diese Einstellung hatte ich jedoch nicht von Anfang an, gerade in den ersten Jahren war es für mich unvorstellbar, jemanden zu schlagen oder zu erniedrigen, den ich liebte. Erst mit der Zeit änderte sich meine Einstellung diesbezüglich.

Niemand muss auf Liebe verzichten, wenn er eine Beziehung führt, in der BDSM ein Teil dieser ist. Auch wenn BDSM durch Liebe noch intensiver werden kann, so ist es nicht immer einfacher. Besonders die Konsequenz beizubehalten, ist gerade für den Dom nicht immer leicht.

Natürlich gibt es BDSMler, die wie ich früher aus jeweils sehr unterschiedlichen Gründen beide Bereiche strikt trennen wollen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch und gerade unter den devoten Personen einige, die die Liebe brauchen, um so vertrauen zu können, dass sie sich wirklich in die Hände eines anderen begeben. Für sie ist es unvorstellbar sich jemandem hinzugeben, den sie nicht lieben.

Zu guter letzt gibt es die Gruppe derer, die ihre Liebe teilen oder zumindest glauben sie teilen zu können. Hier werden mehrere Personen geliebt, zum Teil sogar in Dreiecksbeziehungen oder noch komplexeren Beziehungsstrukturen. Ich kenne allerdings keine Beziehung, die in dieser Konstellation stabil zu sein scheint. Der absolut größte Teil solcher Beziehungen, die ich kenne, überlebte nicht die ersten sechs Monate der neuen „Offenheit“.

Insgesamt scheint es auch so, als würde die Haltbarkeit von BDSM Beziehungen weit unter der von normalen Beziehungen liegen. Hierfür gibt es wahrscheinlich einige Gründe, die meisten sind aber hausgemacht und können somit verhindert werden. Weil man nicht so leicht einen Partner in der Nähe findet, sind es oft Fernbeziehungen. Auch wollen gerade Anfänger endlich Erfahrungen sammeln und lassen sich zu schnell auf eine Beziehung ein, nur um eben loslegen zu können.

Der wichtigste Grund dürfte jedoch sein, es ist schlicht und einfach komplizierter. Je wichtiger BDSM für die Beziehung ist, umso mehr Anforderungen müssen erfüllt werden, neben den sonst eh schon üblichen Anforderungen, welche die Partnersuche nicht unbedingt vereinfachen. Die Spielarten wie auch persönlichen Grenzen müssen zusammenpassen und ferner die jeweiligen Freiheiten.

In meinen Augen führt ein BDSM-Liebespaar gleichzeitig zwei parallele Beziehungen miteinander, nämlich Mann und Frau (Liebe) wie auch Dom und Sub (BDSM). Passt alles, ist es etwas wirklich sehr erfüllendes und sind zwei glückliche Beziehungen nicht besser und abwechselungsreicher als eine? Passt es hingegen auch nur auf einer Ebene nicht, hat die Beziehung wenig Aussicht dauerhaft Bestand zu haben.

Da ich mich gestern kurz mit jemandem genau über das Thema ausgetauscht habe, hier ihre Antwort: „Ich glaube einfach, dass in einer BDSM-Beziehung der Anspruch an den Partner noch höher ist, als in einer Vanilla-Beziehung. Das ist wie bei den Autos: Je mehr Technik drin steckt, desto mehr kann auch kaputt gehen.“


Familie

Je intensiver BDSM in das Leben eingebunden wird, umso mehr stellt sich die Frage, ob deswegen auf Kinder verzichtet werden muss. Sehr viel hängt davon ab, was einen reizt und wie intensiv dies benötigt wird. Solange es sich nur um Bondage handelt, mag es noch harmlos sein und je nach Alter kann man es auf Indianerspiele schieben oder in späteren Jahren ehrlich dazu stehen, was einem so Spaß macht. Geht es mehr in die DS-Schiene, wird es schon schwieriger, denn gerade Kinder haben ein feines Gespür für Rollen und besondere Umstände.

Ich denke nicht, dass es schlimm ist, wenn einer der Partner im Alltag vorwiegend die Hosen an hat, das gibt es in fast jeder Beziehung. Ein zu großes Machtgefälle, welches vorgelebt wird, könnte hingegen das Kind in seiner Entwicklung auch negativ beeinflussen. Die dritte Option wäre die Vorliebe für SM. Es ist schon schwer, einem Erwachsenen zu erklären, was man da miteinander treibt, ein Kind wird es jedoch noch schwerer verstehen können, wenn Papa die Mama zum Lustgewinn für beide schlägt.

In meinen Augen sollten die Kinder ihre eigene Sexualität entwickeln, daher habe ich es nicht vor, sie über den normalen Sex hinaus aufzuklären, zumindest solange diesbezüglich keine Fragen gestellt werden. Zudem wird das gemeinsam bewohnte Haus frei von BDSM Utensilien sein, dafür miete ich lieber eine kleine Wohnung ein paar Kilometer entfernt an und statte sie entsprechend aus.

Spuren – nun, wenn, dann nur solange sie den Kindern verborgen bleiben. Ob ich das alles so hinbekommen werde, mal sehen. Da ich keine Kinder habe, ist es ein rein theoretisches Konstrukt, welches noch nicht auf seine Alltagstauglichkeit getestet wurde.

Zum Einzelthema BDSM und Elternsein.


Gleichberechtigte Partnerschaft

Ich selber spreche gerne von einer gleichwertigen Partnerschaft, denn dieses bedeutet eine Partnerschaft zu führen, in der jeder auf den anderen angewiesen ist und man nur zusammen eine wirkliche Einheit bildet. Beide ergänzen sich und wer nun in welchem Bereich was macht, ist bei einer Einheit eigentlich doch egal, es kommt auf das Ganze an.

Natürlich kann auch ein BDSMler eine gänzlich gleichberechtigte Partnerschaft führen. In dem Fall ist es eben nur eine sexuelle Spielart, beide entscheiden gemeinsam, wann sie es wie ausleben und es geht immer der Alltag vor. Sobald jedoch der dominante Part auch nur etwas mehr Rechte als der devote hat, ist es fraglich, ob es wirklich noch gleichberechtigt ist. Schon die einseitige sexuelle Verfügbarkeit oder die Pflicht einen speziellen Ring an der rechten Hand zu tragen, könnte bedeuten es herrscht bereits keine absolute Gleichberechtigung mehr.

Nur, gibt es wirklich Partnerschaften, in denen Rechte und Pflichten genau gleich aufgeteilt sind? Unabhängig davon, wenn der devote Part Rechte an den dominanten verschenkt, ist nicht gerade dies Ausdruck einer absoluten Gleichberechtigung, denn gleiche Rechte beinhaltet doch auch, über die Rechte frei verfügen zu können.


Monogamie

Nein, nur weil man BDSMler ist, gehört man nicht gleich zu den Swingern und es gibt auch keine Pflicht, polygam zu leben. Jedoch gibt es nur wenige Doms, die wirklich in aller Gänze monogam sind und dies eben nicht nur anfänglich von sich behaupten (davon gibt es wohl recht viele).
Wenige Doms sind wirklich nur auf die Partnerin fixiert, einigen Doms reicht es aus, ab und an mit einer anderen Person zu spielen, dabei muss es nicht mal zum Sex kommen, andere beschränken es durch die Art des sexuellen Kontakts und wieder andere wollen alle Freiheiten.

Definiert es vorher und wenn Dom später etwas anderes will, dann wird es nicht nur bei der einen Sache bleiben, sondern es werden immer neue Freiheiten gefordert werden. Das ist natürlich nicht fair, aber auch als Sub kann man konsequent sein und „Nein“ sagen. Bevor man sukzessiv in eine Situation gerät, in der man nur noch unglücklich ist, sollte solch eine unfaire Beziehung lieber beendet werden.

Schließt man das Teilen für sich als Sub aus, gibt es natürlich die Möglichkeit, einen monogamen Dom zu suchen. Das Interessante ist, in Foren gibt es immer zwei Hauptgruppen: die Subs, die ihr Leid beklagen und die Doms, die sagen „ja das stimmt, ich bin aber nicht so“. Wären wirklich alle Doms nicht so, gäbe es kaum so viele Subs, die klagen müssten.

Aus vielen Unterhaltungen mit Subs weiß ich, dass sehr viele Doms anfangs behaupten monogam zu sein bzw. genug vom wilden Leben haben und nun „brav“ werden wollen. Meist sind sie es dann auch, leider beschränkt sich dies jedoch nur auf die Anfangszeit der Beziehung. Manch einer mag es sich wirklich vorgenommen haben, bei anderen ist es leider nur eine Masche.

Daneben gibt es auch die Doms, die ihre Subs gerne verleihen. Dies kann auf unterschiedlichste Art und Weise geschehen und gehört ebenfalls zu den Dingen, die frühzeitig geklärt werden sollten.


Normales Leben

Alles in allem kann somit trotz der Neigung ein recht normales Leben geführt werden, wenn man dies denn so will. Nur was ist heute überhaupt noch normal ;-)

Du bist nicht angemeldet.
 Einloggen / Registrieren