Die Strafe im Kontext BDSM

Strafen Ich kann nicht von mir behaupten, ein Liebhaber der Bestrafung zu sein, denn Bestrafung bedeutet für mich, eine Handlung vorzunehmen, welche der Sub wirklich missfällt und ihr unangenehm ist. Strafen können dabei alle Handlungen sein, welche kein Tabu verletzen und für den devoten Part unangenehm sind. Mein Führungsstil ist eher der eines modernen Pädagogen. Ich denke, positive Bestätigung ist wichtiger als ständige Sanktionen, dennoch ist für mich die Strafe ein essentieller Bestandteil meines BDSMs.

Was ist eigentlich eine Strafe?
Eine Strafe ist das, was dem Bestraften Unbehagen verursacht. Etwas komplizierte: Strafe ist ein Übel, das einer Person zur Kompensation eines durch sie begangenen Unrechts auferlegt wird. Strafe also gleich Haue? Nein, es gibt wirklich Menschen, die stehen darauf gehauen zu werden, das sind die Masochisten. Die kann man mit Haue also nicht wirklich strafen, außer man findet welche, die sie auch nicht mögen. Schläge können eine Art der Strafe sein, es gibt aber noch sehr viele andere Möglichkeiten. Es gilt einfach der Grundsatz: Strafe steht für etwas, das der andere so gar nicht mag.

Die zweite Frage, die sich jeder im Kontext BDSM stellen sollte ist die, wohin Strafen überhaupt gehören. Strafen sind für mich Teil des Bereichs DS, also der Disziplin und Unterwerfung. Um BDSM ein wenig aufzudröseln, hier die vier Bereiche und der Stellenwert der Strafe:

Bondage: Zwei Menschen haben Spaß an der Fixierung. A fixiert B, Gründe für Strafen gibt es hier nicht. Beide Partner sind gleichberechtigt

Disziplin: Disziplinierung bedeutet, ein Verhalten das bestimmten Regeln unterworfen ist, wird durch den dominanten Part eingefordert. Werden diese Regeln durch den devoten Part nicht eingehalten, erfolgt eine Sanktion.

Dominanz und Unterwerfung: Eine Person führt, eine andere Person folgt. Grundsätzlich kann eine Unterwerfung vollkommen ohne Zwang geschehen, auch kann ohne Gewalt und Zwang geführt werden. In diesem Fall wird rein durch Charisma geführt, dieser Führungsstil ist äußerst selten und in der Umsetzung problematisch, daher ist ihm später ein eigener kurzer Beitrag gewidmet. Dominanz und Unterwerfung impliziert eine Hierarchie und in dieser obliegt es dem dominanten Part, den devoten bei einem Fehlverhalten zu sanktionieren.

Sadismus und Masochismus: Zwei Menschen, die Freude daran haben, Schmerzen zuzufügen oder zu erhalten. Schläge, ein Synonym für Strafen, ist hier für beide keine Strafe, sondern gegenseitige Lustbefriedigung. Beide sind demnach gleichberechtigt. Eine Ausnahme stellen jene Sadisten dar, welche dem anderen echte Schmerzen, also Leid, und nicht Lustschmerz, zufügen wollen. In diesem Fall ist es aber keine Strafe, sondern ein rein egoistisches Verhalten, welches nur der Triebbefriedigung des Sadisten dient, und das Leid des anderen ausblendet oder sich gar an diesem erfreut. Strafen werden hier häufig nur vorgeschoben, um die eigene Lust unter einem DS-Deckmantel ausleben zu können.

Jene, die Freude an Führung, Dominanz und Unterwerfung haben, nennen sich selbst häufig DSler. Konsequenterweise müsste es also auch SMler geben. Da SMler aber außerhalb der Szene mit BDSM gleichgesetzt wird, nennen sie sich nur selten so.

Brauchen BDSMler also Strafen? Nein, außer sie sind eben auch DSler*. Wer mit dem Bereich DS nichts anfangen kann braucht keine Strafen, und muss eigentlich auch gar nicht weiterlesen ;).

 

Im Forum kam die Frage auf, warum man denn nicht als Dom auch mittels Bitten führen kann.

Was ist eine Bitte?
Diese ist Ausdruck eines Wunschs ohne Anspruch auf seine Erfüllung. Wer bittet, hofft auf die Erfüllung seines Wunsches, er muss aber auch damit rechnen, dass dieser unerfüllt bleibt.

Dominanz bedeutet die Führung inne zu haben, wer bittet führt nicht, denn es obliegt der anderen Person zu bestimmen, ob der Bitte gefolgt wird oder eben nicht. Wer führt gibt Anweisungen, Befehle, Aufgaben, usw. er kommuniziert klar was getan werden soll. Wird einer Anweisung nicht Folge geleistet, gibt es grob vereinfacht drei Optionen:

1. Dom ignoriert den Fehler
2. Dom deckt den Fehler auf, verzichtet aber auf eine Strafe
3. Dom sanktioniert den Fehler

Verhalten 1) Dom wird einen Machtverlust erleiden. Es wird gegen seine Anweisung gehandelt, was aber für Sub folgenlos bleibt. Sub lernt also: Doms Anweisungen müssen nicht befolgt werden. Es kann aber auch sein, dass Sub denkt, ihr Verhalten sei dem Dom egal, denn er hat es nicht einmal gemerkt. Dieser Gedanke ist sogar noch schlimmer als der Zweifel an seiner Durchsetzungskraft, denn er würde von Gleichgültigkeit oder fehlender Auffassungsgabe zeugen.

Verhalten 2) Ein Fehler sollte niemals folgenlos bleiben. Die Folge muss aber nicht immer eine direkte Strafe sein, vielleicht hat der Dom einfach gerade keine Lust zu strafen. Würde er nun trotzdem strafen, wäre bei einer gewollten Provokation sogar die Sub jene Person, die das Heft in der Hand hält, und im Hintergrund die Fäden zieht (Topping from the bottom). Milde kann gezeigt werden, in dem man ein angemessenes Strafmaß wählt. Unlust kann überbrückt werden, indem die Strafe ausgesetzt wird, dafür aber bei einem nochmaligen Verstoß eine drastische Erhöhung eintritt.

Verhalten 3) Grundsätzlich das gesündeste Verhalten, zumindest dann wenn ein schlechtes Verhalten sanktioniert wird welches im Kontext BDSM steht. Alltagsprobleme sollten nicht über diesen Weg „gelöst“ werden. Sub lernt ihre Grenzen kennen und Dom zeigt Konsequenz, natürlich muss die Strafe dem Vergehen angepasst sein.

Beim Unterschied zwischen einer Bitte und einer Anweisung kommt es auf den Inhalt der Botschaft an, nicht auf die genutzten Worte. Ich kenne einen Dom, der zu seiner Sub gerne sagt: Anna, gibst du mir bitte die Peitsche? Würde Anna ihm nun nicht die Peitsche geben, würde er sie hart bestrafen. Zwar kommt dies nicht in den gewählten Worten zum Ausdruck, ist aber Teil ihres Spiels und wegen der Strafe, die droht, würde Anna ihm nicht die Peitsche geben, ist es eben keine Bitte sondern ein Befehl, der nur als höfliche Bitte getarnt wurde. Ein dominanter Mann kann eine Anweisung sehr höflich geben, und sogar die Wörter Bitte und Danke verwenden, das schadet seiner Dominanz nicht. Eine Bitte kann aber eventuell zu einer kurzen Irritation führen, nämlich dann, wenn die Sub nicht weiß, ist es nun eine wirkliche Bitte (also die Nichtbefolgung hat keine Konsequenz) oder eben eine höfliche Anweisung (und bei der Nichtbefolgung gäbe es eine unschöne Konsequenz).

Persönlich will ich nicht, dass meine Sub nun jedes Wort von mir auf die Goldwaage legen muss, daher benutze ich das Wort Danke durchaus während einer Session, nämlich dann wenn ich mich wirklich für etwas besonders Schönes bedanken will. Ich glaube aber, das Wort Bitte ist mir dabei bisher nicht über die Lippen gekommen. Es würde nicht zu meinem BDSM passen, und ich will meiner Sub lieber klare Anweisungen geben als interpretationsfähige Sätze, sie soll sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren können. Bitten gehören für mich in den Subbereich, sie können dadurch Wünsche äußern, sagen aber zugleich, dass die Entscheidung über die Erfüllung beim Dom liegt.

Wie passe ich nun eine Strafe dem Vergehen an?
Für jede Verfehlung muss es auch die passende Strafe geben. Eine Strafe ist fällig, wenn Sub etwas gemacht hat, was sie nicht soll. Obwohl sie aber grundsätzlich in der Lage gewesen wäre, anders zu handeln und Sub auch wusste, sie sollte das nicht machen. Hat sie aber eine machbare Anweisung nicht erfüllt, so bemisst sich die Strafe nach folgenden Punkten:

Was ist das Ziel beider?
Jemand der wenig bestrafen mag, weil es ihm oder ihr keine Lust bereitet, sollte härter und konsequenter bestrafen. In diesem Fall wird er weniger strafen müssen, da Grenzen klar definiert und Konsequenzen schmerzhaft sind. Eine Sub, die von Natur aus bereits sehr unterwürfig ist, muss weniger hart bestraft werden als jemand, der immer wieder seine Grenzen auslotet und eher aufmüpfig ist (Kampfsub/Krawallsub).

Wie wichtig ist dem Dom die Ausführung der Anweisung?
Der dominante Part legt die Prioritäten fest. Etwas, das ihm sehr wichtig ist und wogegen verstoßen wird, muss eine stärkere Sanktion auslösen, als ein weniger gewichtiger Fehler.

Wie schwer war es, die Anweisung zu erfüllen?
Also die Frage nach der Motivation und dem Bemühen der Sub. Ist eine Sub nicht motiviert, einer Anweisung zu folgen, sollte diese härter bestraft werden als eine Sub, die sich bemüht aber leider scheitert. Engagement der Sub reduziert also die Strafe.

Wurde schon vorher gegen diese oder eine ähnliche Anweisung verstoßen?
Kommen Verstöße immer wieder vor und werden sie immer ähnlich hart bestraft, wäre das ein Indiz, dass kein Lerneffekt durch die Strafe auftritt oder die Strafe einfach nicht genug abschreckt. Strafen sollten daher gesteigert werden, wenn Verstöße ähnlicher Natur sich in einem gewissen Zeitspektrum häufen. So findet Dom dann auch die passende Dosis für seine Strafe.

 

*DS ohne Strafen
Es gibt Menschen, die dienen einfach gerne, ihre Unterwerfung ist nicht weniger intensiv als bei jenen, die erst auf die Knie gezwungen werden müssen. Wer einfach nur den Wunsch hat zu dienen, der benötigt keine Strafe. Vielmehr können Strafen sogar Vertrauen zerstören, da sich dieser Mensch ja immer maximal anstrengt, um die Wünsche des Doms zu erfüllen und er seine eigene Befriedigung aus der des Partners zieht.

Auf der anderen Seite gibt es Doms, welche nicht durch Strafe, sondern immer nur durch Manipulation zu ihrem Ziel gelangen wollen. Sie beeinflussen also ihren Partner, damit die eigenen Wünsche von ihm übernommen werden.

Sind diese beiden Gruppen DSler? In meinen Augen schon. Einer führt, der andere folgt. Ich glaube aber, dass diese Art der Führung mit der typischen Führung im Bereich DS nicht zu vergleichen ist. In Legenden gibt es dann noch die Doms, die allein durch ihr Auftreten jeden und jede Sub auf die Knie zwingen. Belassen wir diese Jungs aber lieber im Reich der Mythen und Legenden, wo sie zwischen Hobbits und Feen leben.

 

Weiterführendes: Umfrage Stellenwert der Strafe und Blogartikel Strafe als Tabu

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