3. Kapitel: Vorbereitungen

Nur sie alleine wusste, wie sehr sie an diesem Tag vertrauen wollte.
Steven kam so gegen halb sieben Uhr abends und stand plötzlich vor ihr. Susanne saß auf einem Sessel am Fenster und sah versonnen nach draußen und wie immer nahm sie kaum Notiz von ihm. Noch immer war sie erbost wegen der Ohrfeige und ihm keine Beachtung zu schenken, war die einzige Strafe, die sie für ihn hatte.
Steven störte sich jedoch nicht daran und hatte ihr stets stumm das Tablett mit Essen auf den kleinen Beistelltisch gestellt und blieb dann noch ein paar Minuten vor ihr stehen. Jedes Mal fühlte sie sich von seinem Blick bis auf die Haut ausgezogen. Seine Anwesenheit duldete sie nur widerwillig und das obwohl er sie nie wieder berührte oder ihr etwas tat...

An diesem Abend jedoch trug er kein Tablett und brachte ihr auch kein Essen. Er stand einfach nur so da und sah sie an. Sein durchdringender Blick ließ sie frösteln und je länger Steven sie ansah, desto nervöser machte es sie. Am liebsten hätten sie ihn ins Gesicht geschrieen, er solle endlich damit aufhören und sie alleine lassen. Und doch blieb sie stumm und dachte darüber nach, was er von ihr wollte.
Seit Tagen fand er keine Worte für sie. Und auch von Raoul ließ er nie etwas ausrichten. Es war so, als wäre sie völlig alleine im Haus. Nur sie und ihre Erinnerung an ihren Herrn und Meister. Und jetzt stand er einfach da und führte etwas im Schilde das spürte sie ganz genau...

Vielleicht wollte Raoul sie sehen und Steven wollte sie einfach nur ein wenig auf die Folter spannen. Sie überlegte noch fieberhaft, was es sein könnte, als sie plötzlich von ihm barsch aufgefordert wurde aufzustehen.
Im ersten Moment dachte sie daran, sich zu widersetzen und so zu tun, als hätte sie es überhört. Doch bei genauerer Betrachtung wusste sie, dass es zwecklos war, sich zu widersetzten. Wenn sie nicht von alleine aufstand, würde er nachhelfen und auf Grobheiten, egal welcher Art, konnte sie gut und gern verzichten.

Doch kaum, dass sie stand umfassten seine Hände ihr Gesicht so fest das es schon wehtat. Sie musste ihn ansehen ob sie wollte oder nicht. Intuitiv dachte sie daran, ihm ins Gesicht zu spucken, um ganz deutlich zu zeigen, was sie davon halten würde. Und dann im nächsten Augenblick spürte sie einen so heftigen Schlag auf ihren Wangen, dass sie taumelte.
"Es ist besser, du gehorchst gleich. Du siehst, was dir sonst blüht", sagte er grimmig und ließ von ihr ab. Entsetzt wich sie einen Schritt zurück und sah zur Tür, die er offen gelassen hatte. Steven lachte laut auf, so als hätte er ihre Gedanken lesen können.
"Denk nur nicht dran, es würde dir leid tun." Susanne glaubte ihm aufs Wort und unterließ jeglichen Versuch oder Gedanken an einer Flucht. Dennoch musste sie etwas wissen und stellte Steven mit zitternder Stimme eine Frage:
"Weiß Raoul davon, wie du mich behandelst und das du hier bist?" Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er wenig Lust drauf zu antworten...

Es vergingen auch ein paar Minuten, bis er sich dann doch herab ließ und das, was er sagte, gefiel ihr weit weniger als sie erhofft hatte...
"Dein Herr weiß über alles Bescheid und ich handle in seinem Namen." Für Steven schien damit die Sache beendet, doch nicht so für Susanne, in deren Kopf es erst jetzt so richtig losging.
Er wusste also Bescheid und billigte alles, was Steven mit ihr machen würde. 'Ist dies seine Art, um Vertrauen zu bitten?', fragte sie sich still. Die Frage nach dem Warum und Weshalb brannte ihr auf der Seele und sie hätte zu gerne Steven danach gefragt und doch war ihr klar, dass er ihr keine weitere Frage mehr beantworten würde. Und im Grunde kannte sie die Antwort auch schon. Sie hatte sie selber vor Tagen in dem Brief gelesen.


„Vertraue mir bedingungslos dann wirst du mir mit Freuden dienen", stand da schwarz auf weiß in gestochen scharfer Handschrift.
Hatte sie also noch eine Wahl, außer ihm voll und ganz zu vertrauen? Nein, entschied sie in der Sekunde als Steven sie erneut ansprach.
"Zieh dich aus und setze dich breitbeinig auf dein Bett."
"Was ist, wenn ich es nicht tue?", erwiderte sie in einem plötzlichen Anflug von Aufbegehren und wusste eigentlich nicht mal genau, warum sie es sagte.
Steven hatte sich bereits umgedreht und wollte eigentlich ins Bad gehen, als er sich ebenso plötzlich umdrehte und zu ihr zurückging.

Ganz nah trat er an sie heran, sodass sie seinen abgestandenen Atem riechen konnte. Angeekelt drehte sie ihr Gesicht zur Seite, um freier atmen zu können. Doch wie beim ersten Mal riss Steven ihren Kopf zu sich hin und sah ihr direkt in die Augen.
"Wenn du nicht spurst, sollst du das hier spüren", und zog dabei süffisant lächelnd eine zusammengerollte Lederpeitsche aus seiner Hosentasche.
Provozierend und immer noch lächelnd spielte er damit vor ihrem Gesicht herum und strich mit dem kantigen Griff über ihre Wange.
'Das kann nicht sein', dachte sie und wusste im selben Moment, dass Raoul es wirklich ernst meinte. Um zu beweisen, dass es auch ihr ernst war, musste sie um seines und ihretwillen gehorchen und sich fügen.

Noch einmal fiel ihr ein Satz aus dem Brief ein:
„Es wird kein dazwischen geben und erst Recht kein NEIN."
Dann drehte Steven sich um und ging ins Bad.
Susanne setzte sich entschlossen, egal, was noch passieren würde, ihrem Herrn völlig zu vertrauen auf ihr Bett und wartete bis Steven zurückkam.

Wenige Minuten später stand er erneut vor ihr. In der einen Hand hielt er den Rasierschaum und in der anderen den kleinen silbernen Rasierer, den ihr Raoule geschenkt hatte.
"Halt still, dann geht’s schneller", raunte er ihr zu und diesmal klang seine Stimme sogar freundlich. Steven rasierte so vorsichtig als hätte er einen weichen und empfindlichen Babypopo vor sich. Am Ende war nicht mal mehr das kleinste Haar zu sehen und man hätte ebenso gut darauf essen können, so sauber und rein fühlte es sich an.
Als er fertig war, stellte er die Utensilien neben sich auf den Boden ab. Dann ging er langsam zum Kleiderschrank hinüber und holte eine braune große Kulturtasche heraus. Alles war bis ins kleinste Detail vorbereitet, dachte Susanne, als sie Steven dabei beobachtete.

Sie fragte sich, wie lange Raoul schon diesen Plan verfolgt hatte mit sich und ob diese Prüfung vielleicht zu einem Programm gehörte, das Raoule anwandte, um sicher zu gehen.
Im Grunde wusste sie viel zu wenig über Raoul und darüber, was er vor ihr gemacht hatte. Vielleicht gab es vor ihr schon andere Sklavinnen, die sich all dem hier unterziehen mussten und es nicht geschafft hatten. Sie wollte es schaffen und wollte ihm vertrauen, wie sie noch nie zuvor jemanden ihr Vertrauen geschenkt hatte. Raoul sollte stolz auf sie sein und sie am Ende glücklich in seine Arme schließen. Leise beschwor sie sich: "Höre auf zu denken und vertraue."

Als Steven zu ihr zurück kam, war sie innerlich gestärkt und zu allem bereit. Niemand sollte jemals behaupten, sie wäre nicht im Stande dazu, zu vertrauen und zu gehorchen. Sie war Sklavin und nichts anderes wollte sie sein.
Es dauerte über eine Stunde bis Steven mit ihr fertig war. Mit geübter und kundiger Hand hatte er ihre Haarpracht zu einem wundervollen Knoten hochgesteckt, sie geschminkt und sie dabei hundert Mal mit prüfendem Blick angesehen.
Insgeheim musste sich Susanne eingestehen, dass es ihr gefiel, wie Steven sich um sie kümmerte. Das hatte sie ihm nach all seinen Grobheiten gar nicht zugetraut und allmählich vergaß sie auch dabei den Umstand, weshalb er es tat...

Plötzlich tat er einen Schritt von ihr ab und betrachtete sie auf einer Weise, wie man es sonst nur von Künstlern her kennt, die mit kritischem Auge das betrachteten, was sie geschaffen hatten.
Wortlos drehte er sich um und ging erneut zum Kleiderschrank. Wieder holte er etwas hervor, von dem sie nicht mal geahnt hatte, dass es sich im Schrank befand.
"Steh auf, du bist fertig", sagte er kaum hörbar.
Und dann als sie vor ihm stand: "Hebe deine Arme, damit ich dir das Kleid überstreifen kann."

Das Kleid passte, als hätte man es extra für sie gemacht. Der schwarze Stoff glitt geschmeidig an ihrem Körper herunter und doch kam sie sich eigenartig fremd darin vor. Anders als ihre sonstigen Kleider war dieses gerade zu schmucklos und fade. Es hatte weder irgendwelche Applikationen noch Muster. Es war einfach nur schwarz und glich eher einer Kutte als einem Kleid dachte Susanne, als sie an sich herunter sah. Auch Steven betrachtete sie nochmals eingängig und er räusperte sich kurz, bevor er ihr noch eine Haarsträhne ins Gesicht zupfte.
"So ist es besser. Dein Herr wird zufrieden mit dir sein."
Susanne wunderte sich das Steven sich plötzlich bückte und unter dem Bett einen Karton hervor zog. Das all das hier mit ihr zusammen im Zimmer eingeschlossen war, davon hatte sie ja keine Ahnung. Alles, worüber sie in den letzten Tagen gebrütet hatte, war die Frage, welchen Vertrauensbeweis ihr Raoul abverlangen würde.

Sein "Zieh sie an" riss sie aus ihren Gedanken und machte ihr ganz deutlich bewusst, dass sie nicht träumte. Steven stand vor ihr und hielt ihr ein paar schwarze hohe Schuhe entgegen.
"Wir sind spät dran, also zieh sie an und komm mit", hörte sie ihn nochmals sagen. In diesem Moment war ihr mehr als bewusst das die Prüfung und die ersehnte Begegnung mit ihrem Herrn immer näher rückte. Sie schluckte mehrmals, als sie in die Schuhe schlüpfte .
Noch auf dem Weg zum Auto betete sie inständig darum, ihr Vertrauen zu Raoul möge größer als ihr Verstand sein.

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