7. Kapitel: Am nächsten Tag

Laute Geräusche weckten Susanne aus einem tiefen traumlosen Schlaf. Nie und nimmer hatte sie gedacht, nach dieser Nacht überhaupt schlafen zu können.
Gestern, nachdem man hinter ihr die Tür schloss und wie gewohnt verriegelte, sah sie sich zunächst im Zimmer um.
Es erinnerte sie ein klein wenig an ihr Zimmer in Raouls Haus. Auch das hatte zwei große Fenster, die vom Boden bis fast zur Decke reichten. Neugierig, wie sie nun mal war, spähte sie hinaus. Draußen dämmerte es bereits und das rot am Horizont kündigte den neuen Tag an. Demzufolge musste es also bereits schon früher Morgen sein. Man hatte sie also wirklich die ganze Nacht in diesem kalten Verließ gefangen gehalten.

Während sie hinaus sah, um irgendetwas zu erkennen, von dem sie nicht mal genau wusste, was es eigentlich sein sollte, verspürte sie das Bedürfnis, die erfrischende Morgenluft ein zu atmen. Doch trotz heftigem Ziehen und Rütteln ließ sich das Fenster nicht öffnen.
Traurig drehte sie sich um und ging hinüber zum Bett. Resigniert setzte sie sich auf die Bettkante und dachte wie immer nach. Egal, wo ich mich in diesem Haus aufhalte, man hält mich wie eine Gefangene. Die ganze Zeit spricht Raoul von Vertrauen und traut mir nicht mal soweit, dass er Türen und Fenster offen lässt. So als hätte er Furcht, ich könnte vor dem, was mich erwartet, fortlaufen.

Wütend über ihren Herrn sprang sie auf: "Ich werde dir beweisen, wie sehr ich dir gehören will", rief sie ins leere Zimmer und ging in Richtung Bad.
Das wohlig warme Wasser, ihre Gedanken und die Ereignisse der Nacht hatten sie müde gemacht. Erschöpft ließ sie sich aufs Bett fallen und blickte starr zur Decke. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt zu schlafen. Vielmehr wollte sie sich ausmalen, welche Aufgabe noch auf sie wartete und muss wohl dann darüber eingeschlafen sein. Und nun wurde sie unsanft vom Lärm geweckt.
Abrupt stand sie auf und ging zum Fenster. Sie musste sehen, was da vor sich ging und zog die Gardine zur Seite.

Draußen waren ein paar Männer damit beschäftigt, Kisten in das Haus zu schleppen. Plötzlich sah einer von ihnen zu ihr hoch. Entsetzt, bei ihrer Neugierde entdeckt worden zu sein, wich sie zurück.
Dennoch konnte sie nicht anders und sah ein zweites Mal hinaus. Doch der Platz war menschenleer. Nur eine große Kiste stand verlassen da und sie fragte sich noch, was sich wohl darin befinden könnte, als im gleichen Moment die Tür aufging.
"Du bist schon wach", hörte sie hinter sich Coras Stimme.
Susanne drehte sich um und sah ihre einzige vermeidliche Verbündete an.
"Ja, der Lärm hat mich geweckt."
Cora stelle das Tablett, das sie in den Händen trug, auf dem Tisch ab und kam auf sie zu. "Da ist nichts von Bedeutung für dich", sagte sie leise und zog mit einem Griff die Vorhänge zu. Dann schob sie Susanne in Richtung Bad.
"Geh Duschen und hinterher kannst du etwas essen. Es ist schon später Nachmittag und viel Zeit bleibt dir nicht mehr."


Wenig später saßen sie gemeinsam an dem Tisch. In der einen Hand hielt Susanne ihre Tasse mit Kaffee und in der anderen ein Brötchen. Mehrmals machte sie den Ansatz dazu, Cora eine Frage zu stellen und schluckte sie dann doch ungesagt hinunter. Erst, als Cora sie bat, sich zu beeilen, fand sie endlich den Mut dazu.
"Cora, bitte, du musst mir sagen, was mich erwartet. Ich muss es wissen!"
Ohne ein Wort zu sagen, stand sie auf und ging zu dem kleinen Schrank hin, der in der Ecke stand. Dann öffnete sie mit einem Schlüssel die Schublade und holte etwas heraus.
Schweigsam kam sie zum Tisch zurück und legte das, was sie noch eben in den Händen hielt vor Susanne hin.
"Das ist alles, was du wissen musst. Mehr kann und darf ich dir nicht sagen."
Susanne verstand nicht, was das zu bedeuten hatte und sah fragend zu Cora und dann auf den breiten Halsreif aus schwarzem mattem Metall.

"Ist der für mich?", fragte sie erstaunt
"Ja und nur das wirst du tragen, wenn wir dort hingehen, wo dein Herr dich erwartet."
"Aber ich muss doch...", entglitt es Susanne und sie wollte eigentlich noch mehr sagen, als Cora sie herrisch unterbrach.
"Es gibt nichts zu erklären. Tue einfach das, was man dir sagt."
Nur mit äußerster Willenskraft konnte Susanne ihre aufsteigenden Tränen unterdrücken und ließ sich schweigsam das Metall um den Hals legen.

Bizarr und dekadent kam ihr der Ort vor, an dem sie sich wenige Minuten später wiederfand. Cora hatte sie schweigsam dort hingebracht und sie dann einem widerlich aussehendem Kerl überlassen, der nichts besseres zu tun hatte, als ihren Mund grob mit einem Knebel zu versehen und in die Reihe wartender Sklavinnen an zu ketten.
Jetzt stand sie nackend und frierend wartend neben einer Bühne, von dessen Existenz sie nicht mal eine Ahnung hatte. Ihr fielen die vielen Kisten wieder ein und sie war sich ziemlich sicher, dass man die Bühne darin sorgsam verpackt hatte, um sie hier aufzubauen.
Noch bis vor ein paar Minuten hatte sie noch daran geglaubt, Raoul würde wirklich nur auf sie warten, um sie in seine Arme zu nehmen. Alles hätte sie sich vorstellen können, nur niemals etwas derartig Bizarres.
'Vertraue', sagte sie leise zu sich und sah sich gleichzeitig ängstlich nach ihrem Herrn um. Dann wurde die erste Sklavin losgebunden und auf die Bühne gebracht. Kurz darauf konnte man hören, wie der widerlich aussehende Kerl sie anpries, als wäre sie ein Vieh das zum Verkauf stand.

"Meine Herren, die erste Sklavin. Eine wahrlich bezaubernde Dreilochstute." Im Augenwinkel konnte Susanne sehen, wie die andere sich umdrehte, sich verbeugte und wie man ihr grob die Po backen auseinander zog. Dabei kam nicht ein Laut von ihr. Nicht mal als der widerliche Mann von Neuem zu sprechen begann.
"Schaut selbst, über welchen vorzüglicher Eingang diese Stute verfügt. Sie ist gut zu reiten, hat mir ihr Herr anvertraut", fügte er mit einen süffisanten Lächeln hinzu. Wie viel für sie geboten wurde, hörte Susanne nicht. Dafür war sie viel zu weit entfernt, um überhaupt auch nur einen der Herren hören, geschweige denn sehen zu können.
Sie fragte sich, ob Raoul auch unter ihnen war und mit welchen Vorzügen man sie wohl anpreisen würde? Als ihr im gleichen Moment der Gedanke einfach zu grotesk erschien.

Bestimmt war alles nur ein Irrtum und Raoul würde kommen und dieser Farce ein Ende bereiten. Sicherlich wollte er sie nur auf die Folter spannen und zusehen, wie sich ihr Körper unter der Angst sich lechzender Augen zur Schau stellen zu müssen, windet und erzittert. Das konnte er unmöglich unter Vertrauen verstehen, beruhigte sie sich selbst.
Doch weder Raoul noch Cora erschienen. Eine nach der anderen wurde unter Susannes wachen Augen zur Bühne gebracht, um sie den Herren zum Verkauf anzubieten. Und während sie darauf wartete, dass sie an die Reihe kam, zwang sie sich an das geforderte Vertrauen zu denken.
Angst und entsetzen schnürte ihr erst die Kehle zu als die letzte Sklavin vor ihr an der Reihe war.

Bei den Worten, die der Sklavenhändler, so hatte sie den widerwärtigen Kerl im Geiste genannt, für die Sklavin fand, hätte sie sich am liebsten die Ohren zugehalten.
„Diese hier, meine Herren, ist etwas ganz Exquisites. Zartes und festes Fleisch. Geradezu perfekt geeignet, um seine Peitsche darauf tanzen zu lassen", dabei tätschelte er den Hintern der Sklavin, als stünde ein Ackergaul vor ihm.
Angewidert vom Zusehen wand Susanne ihren Kopf zur Seite. Mit Schrecken dachte sie an die nächsten Minuten und betete leise flehentlich darum, dass Raoul endlich auftauchen möge.


Als man sie holte, hatte sie jegliche Hoffnung auf Erlösung verloren. Immerzu betete sie im Geiste das Wort Vertrauen vor sich her, als sie die wenigen Schritte auf die Bühne ging. Dann stand sie vor einer gaffenden Menge an Herren, die ihr vorkamen wie blutrünstige Bestien.
Es waren einfach zu viele, um beim ersten Hinsehen Raoul zu entdecken und plötzlich stand er abseits der Bühne und sah sie an. Ihre Blicke trafen sich und schweigend formte sie mit ihren Lippen die Worte "Rette mich!"
Eine Gelegenheit, seine stumme Antwort zu sehen, bekam sie nicht mehr, denn im nächsten Augenblick wurden ihr die Augen verbunden. Dann hörte sie den Sklavenhändler mit einem Hauch an Ironie sagen:
"Eine frische Sklavin, meine Herren. Erlaubt mir daher, dass ich ihr die Augen verbinde. Sie ist ängstlich und wir wollen doch nicht, dass sie von der Bühne läuft nicht wahr?"
Bei diesen Worten lachte die Menge auf, um im nächsten Moment erneut still den Worten des Händlers zu lauschen.
"Ihr Herr hat sie gut vorbereitet und noch in der letzten Nacht einer notwendigen Prüfung unterzogen. Sie wird gehorsam sein und dennoch eine feste Hand brauchen." Diesmal war es ihr Hintern, auf dem seine Hände tätschelnden.

Während er Worte für ihre wohl geformten Brüste fand und den Vorzug ihrer Bereitschaft zu dienen hervorhob, spürte sie tiefe Scham und zaghaft die erste Träne ihre Wange herunter laufen.
Sie hatte keine andere Wahl als hier stehen zu bleiben und ihrem Herrn zu vertrauen. Und plötzlich bekam das Wort Vertrauen für sie eine völlig andere Dimension.

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