Wer bestimmt eigentlich das Spiel? Diese Frage kam so oder so ähnlich schon häufiger auf.
Also die Antwort, der dominante Part führt und bestimmt, liegt nahe, aber ist das wirklich so? Nun, in einer in meinen Augen gesunden BDSM Beziehung, gleich welcher Ausprägung, gibt es Tabus und ein Safeword. Wenn diese Tabus im Vorfeld geklärt werden, steckt der devote Part dem Dominanten seine Grenzen innerhalb derer er sich dann aber auch frei bewegen kann, vom Safeword einmal abgesehen. Auch der dominante Part wird das ein oder andere Tabu haben und somit findet sich am Ende eine gemeinsame Basis.
Demnach wird der Gesamtrahmen von beiden Partnern und somit gleichberechtigt gesteckt. Tabus, die nur für den devoten Part oder für beide gelten, dürfen nicht gebrochen werden. Dies wäre bei einigen Praktiken schon strafbar, da hier die Einwilligung fehlen würde und zudem würde das Vertrauen nachhaltig gestört werden. Wenn der dominante Part sein eigenes Tabu, welches kein Tabu des devoten Parts ist, brechen will, ist das etwas anderes. Dies ist ohne weiteres möglich.
Die Ausgangslage ist also gleichberechtigt. Wie sieht das nun im Spiel aus? Wie beschrieben, kann sich der dominante Part innerhalb der Grenzen des devoten Parts vollkommen frei bewegen, er bestimmt also. Eine kleine Ausnahme gibt es: das Safeword. Wird es gesagt, führt es automatisch zum Ende des Spiels.
Dem devoten Part steht somit eine Art Vetorecht zu. Er ist letztlich der, der entscheidet, ob seine Einwilligung bestand hat oder eben nicht. Ein so genannter Sklavenvertrag, der niemals rechtlich bindend sein kann, führt nicht zu einem Verlust dieses Vetorechts, auch wenn das einige vielleicht behaupten wollen. Jedem Beteiligten steht es zu jedem Zeitpunkt frei, auszusteigen.
Einen Haken gibt es dann aber doch. Wird das Safeword leichtfertig gebraucht, wird es kein Spiel mehr gegeben, denn in diesem Fall nimmt der devote Part dem Dominanten die Möglichkeit der Führung. Gleiches gilt, wenn der devote Part ohne einen wirklich sehr triftigen Grund neue Tabus aufstellt. In solchen Fällen beschneidet er die Möglichkeiten des Spiels und wird so, überspitzt gesprochen, selber durch seine Vetos und Tabus zum Bestimmer.
Das Safeword ist eine reine Notfalloption, wenn Grenzen überschritten werden oder sich der devote Part nicht mehr in der Lage sieht, das Spiel unbeschadet zu überstehen. Somit ist es keine Option, sich einer einfach nur unangenehmen Strafe zu entziehen.
Nur am Rande erwähnt, es gibt auch noch die Phänomene "Topping from the bottom" und "Wunschzettelsub". Wörtlich übersetzt heißt es etwa so viel wie "Beherrschen vom Boden aus" und steht für die Einflussnahme von Sub beim Dom. Die Bezeichnung Wunschzettelsub steht für Subs, die das Spiel durch ihre Wünsche extrem stark prägen.
In beiden Fällen gibt Sub die Richtung vor, sei es direkt durch Aufforderungen (Wunschzettel) oder indirekt durch geschickte Manipulation (Topping from the bottom).
BDSM besteht aus Geben und Nehmen. Sub ist ungehorsam, damit Dom ihr zeigen kann, wo es lang geht. Sub möchte sich verbessern als Sub, und Dom möchte formen, fordern und fördern. Sub möchte Schmerzen spüren und Dom möchte Schmerz zufügen.
Eine Sub, die einen Dom als Erfüllungsgehilfen benutzt, zerstört dieses Gleichgewicht, ebenso wie ein Dom, der kein Verständnis für die Situation (Emotionen, Tabus, Lust) der Sub hat. Dom und Sub ergänzen sich somit. Sie sind nicht immer gleichberechtigt, aber immer dem Wesen nach gleichwertig, denn keiner kann ohne den anderen seine Rolle (aus-)leben.