Total Power Exchange und der Alltag

Wer an 24/7 und TPE denkt, hat oftmals Paare vor Augen, deren Leben nur aus BDSM besteht und wo die Sklavin auf ihre einzige Funktion, eben als Sklavin des Herrn, reduziert wird. Das mag in meinem Fall durchaus teilweise stimmen, aber eben nur teilweise. Nur weil ich zu jeder Zeit die Möglichkeit habe, mit meiner Sklavin zu machen wonach mir gerade ist, bedeutet es eben nicht, dass ich es auch 24/7 mache.

Herr über eine Sklavin in einer TPE Beziehung zu sein bedeutet, dass letztendlich jede wichtige Entscheidung allein durch den Herrn getroffen wird. Dies bedeutet aber nicht, dass die Sklavin nicht auch eine Meinung haben darf, oder dass man ihr nicht gewisse Entscheidungsspielräume zubilligt. Solch eine Freiheit steht immer unter der Prämisse, dass sie, durch einen einfachen Akt des Widerrufs, der Sklavin wieder genommen werden kann.

Ich habe bis vor einigen Monaten eine TPE Beziehung geführt. Es gab einige wenige täglich Rituale, es gab dauerhafte Pflichten die situationsbezogen oder auch turnusgemäß zu erfüllen waren und es gab Anweisungen. Es war aber nicht so, dass meine Sklavin 24/7 nackt und nur mit einem Collar bekleidet in meinem Heim auf meine Anweisungen gewartet hat. Als Ärztin hat sie einen Beruf, dem sie nachgeht und für welchen ich ihr ausdrücklich viele Freiheiten gewährt habe. Auch trug sie niemals ein für Kollegen, Mitarbeiter oder Patienten sichtbares BDSM Zeichen. Wozu auch? Sie gehörte mir und mein Ego braucht ein solches Zeichen nicht. Nach meiner Erfahrung dient ein so starkes und nach aussen hin sehr auffälliges Zeichen eigentlich nur dem Ego und oftmals ist es eher der Wunsch jemanden zu gehören, denn das wirkliche Gehören, weswegen so etwas getragen wird. Zugehörigkeit erkennt man nicht an einem Emblem, sondern an der inneren Einstellung und bei einer Beziehung eben an der inneren Verbundenheit. Mir reichte es vollkommen zu wissen, dass sie sich voll und ganz in meine Hände begeben hat und sie mir gehörte, mit allem was sie ausmacht und was sie besaß.

Wie also sieht der Alltag in einer TPE Beziehung aus? Für mich gibt es nicht das eine Beziehungsmodell, auch nicht im Bereich TPE. Ich kenne ein Paar, bei dem die Sklavin daheim lebt, die Wohnung nicht verlässt und auch keinen Zugang zur Außenwelt hat, außer über ihren Herrn und die Tageszeitung. Mit der Zeit fokussiert sich damit fast ihre gesamte Gedankenwelt auf ihren Lebensinhalt, also ihren Herrn. In meinen Augen verkümmert der Mensch, der so gehalten wird. Wessen Lebensinhalt das wirklich ist, der soll es so leben.

In meinen bisherigen TPE Beziehungen lief es anders. Meine Sklavin war immer auch berufstätig und sie hatte Zugang zu jedem sozialen Bereich. Sie konnte etwas mit Freunden unternehmen, ihre Eltern besuchen, mit Kollegen essen gehen, sich mit anderen BDSMlern austauschen und mit wem auch immer schreiben, mit dem sie kommunizieren wollte. Dennoch oblag es mir zu jederzeit zu sagen, du musst nach Hause kommen oder deine Verabredung absagen. Dies musste auch nicht begründet werden, es war eine Anweisung und diese wurde nicht hinterfragt. Da ein gesundes Sozialleben aber wichtig ist, ist es eben auch die Verantwortung des Herrn, dieses Sozialleben nicht zu torpedieren.

Ja, meine Sklavin musste die Wohnung sauber halten, obwohl wir beide genug Geld haben für eine Putzfrau. Auch musste sie mir, oder auf meine Weisung hin auch einer Besucherin, sexuell gefällig sein, wann immer mir danach war. Sie konnte nicht über ihr Gehalt verfügen, da sie dazu kein Recht hatte, wobei es immer ihr Geld blieb und ich mich daran nicht bedient habe. Sie konnte mir nicht vorschreiben, mit wem ich verkehre, wann ich nach Hause komme oder was auch immer. Dennoch ging sie sehr erfolgreich ihrem Beruf nach, pflegte Freundschaften und engagierte sich intensiv für ein soziales Projekt.

Wir schliefen fast immer in meinem Bett (selten musste sie davor schlafen), wir konnten gleichberechtigt auf einer Augenhöhe über Politik und soziale Themen diskutieren, gab es einen Fernsehabend kuschelte sie mal an mir, mal kniete sie neben dem Sofa und schaute so den Film, wir fuhren zusammen in den Urlaub, teilten Hobbys und Leidenschaften, hatten gemeinsame Freunde im Bereich BDSM, aber auch viele ohne diesen Einschlag.

Für mich lebten wir, abgesehen von der sexuellen Komponente, eine Beziehungsform wie sie auch vor der Zeit der Emanzipation selbst in unseren Breiten durchaus nicht ganz unüblich war. Der einzige, aber dennoch gewaltige Unterschied zu damals, ist die Freiwilligkeit. Wem sich eine BDSM Sklavin schenkt oder auch verschreibt, entscheidet sie selbst und zumindest bei mir, kann sie diese Beziehung als Ganzes auch wieder lösen. Von CIS (also dem Verbot, dass sich der submissive Part trennt) halte ich gar nichts. Für mich wird jenes Konstrukt gern von Herrn und Herrinnen gewählt, welche sich ihrer Dominanz oder gar ihrer selbst nicht sicher sind und die meinen, dadurch trotz all ihrer Unzulänglichkeiten jemanden an sich binden zu können.

Trotz der Möglichkeit sich zu trennen, bat meine Sklavin um ihre Freiheit. Dies schmeichelte mir natürlich, denn sie hätte auch eine anderen Möglichkeit gehabt. Natürlich ist das Thema Trennung bei einer TPE Beziehung schon ein wenig anders, zumindest wenn sich das Machtgefälle sehr stark manifestiert hat. Wird eine solche intensive Beziehung beendet, so leiden meist beide Seiten emotional. Ein Herr ist zum Glück nur ein Mensch und Verbundenheit endet eben nicht nur, weil die Beziehung endet. Da meine Exsklavin über viele Jahre gut verdient hat und es für mich klar war, dass es immer ihr Geld ist, gab es bei der Trennung auch keinen Streit über finanzielle Dinge. Anschaffungen zum Beispiel für die Wohnung wurden allein von mir bezahlt, denn es war meine Wohnung, damit gab es auch keinen Streit darum, wem nun was gehört. Ich gab meinen Zugang für ihr Konto zurück, sie erhielt die volle Verfügungsgewalt über dieses und abgesehen von dem emotionalen Cut, gab es keine Probleme. Natürlich fehlt es ihr, jemandem zu gehören und mir, jemanden so zu besitzen, aber mit der Zeit werden wir wohl beide wieder einen passenden Partner finden.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig zeigen wie eine TPE Beziehung funktionieren kann und dass auch recht normale Menschen eine solche führen können. Eine totale Machtverschiebung ist kein Freibrief, jedwedes Handeln an den Tag zu legen, sondern es ist vor allem auch eine Verantwortung, der man sich als Herr stellen muss. Dieser Verantwortung gerecht zu werden ist nicht immer leicht, aber was ist schon leicht im Leben das erstrebenswert ist?


Autor Gladius (sein TPE Blog: Leben als Sklavin)

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