Unerfüllte Sehnsüchte

An manchen Tagen spüre ich sie gar nicht, weil ich so viele andere Dinge um die Ohren habe. Oder weil wir erst kürzlich eine gute Session hatten. Meist bin ich dann ausgeglichen und zufrieden mit meinem Leben, so wie es jetzt ist. Ich kann mich zwanglos mit anderen BDSMlern austauschen und schöne BDSM Geschichten mit Genuss lesen. Mir ausmalen, was ich gerne noch alles ausprobieren möchte. Und mich dann wieder zufrieden meinem Alltag zuwenden.

Dann gibt es auch viele Tage, an denen zieht die Sehnsucht zart an mir, an meinen Gedanken, an meinem Herzen. Ich spüre sie deutlich, aber ich kann sie im Zaum halten. Mich damit trösten, dass sie ja bald wieder gestillt wird. Trost geben mir an diesen Tagen auch Unterhaltungen mit anderen BDSMlern, das Schreiben erotischer Geschichten, der Austausch im Forum. Das Anschauen von BDSM-Artikeln in entsprechenden Onlineshops, oder auch das Betrachten von Fotos mit BDSM Bezug oder gar das Anschauen von entsprechenden Filmen. Wenn ich Glück habe, reicht das zum Stillen meiner Sehnsucht aus und ich komme wieder zur Ruhe. Wenn ich Pech habe, wird die Sehnsucht dadurch nur noch stärker.

Und dann gibt es Tage wie heute, an denen die Sehnsucht schmerzhaft stark auflodert, wie ein großer Waldbrand. Sie wird so stark, dass sie mich fast verzehrt. Sie schmerzt mich, quält mich. Treibt mich auf BDSM Plattformen oder auf Blogs, wo ich mir ansehe, wie andere Menschen ihr BDSM leben. Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, BDSM voll und ganz auszuleben. Nicht nur in Sessions, sondern 24/7. Nicht nur zu Hause im stillen Kämmerlein oder in abgeschiedenen Ecken eines Clubs, sondern ganz offen auf vielen Veranstaltungen und auch zu Hause im Alltag. Und nicht nur mit meinem Partner, sondern auch mit anderen ausgewählten Menschen. Wie es wäre, einmal einem anderen Herrn zur Bestrafung überlassen zu werden. Wie es wäre, meinem Herrn dabei zuzuschauen, wie er mit einer anderen Sub spielt. Wie es wäre, mit einer anderen Sub zusammen gefesselt und ausgepeitscht zu werden. Aber auch extremere Dinge stelle ich mir vor. Eine Entführung, ein Rapegame… ich könnte diese Aufzählung noch seitenlang fortsetzen. Meine Fantasien faszinieren und erregen mich und doch erschrecken sie mich zugleich. Bin das noch ich? Das entspricht so ganz und gar nicht meinem ursprünglichen Lebensentwurf und meinen ursprünglichen Vorstellungen von meiner Sexualität.

Ich fürchte diese Tage. In diesem Zustand kann ich keine BDSM Filme mehr anschauen, keine BDSM Geschichten mehr lesen. Ich vermeide alles, was die Sehnsucht noch mehr anheizen könnte. Denn ich befürchte, in diesem Zustand Dummheiten zu machen. Welche Dummheiten? Malt euch einfach irgendwas aus, ich bin mir sicher, ich hab auch schon über das nachgedacht, was euch jetzt so vorschwebt.

Doch ich will keine Dummheiten machen. Ich bin Mutter, ich bin verheiratet. Ich lebe BDSM mit meinem Ehemann aus. Auf keinen Fall möchte ich meine Familie meiner Sehnsucht opfern. Ich habe einen Beruf, der ein offenes Ausleben der Neigung nicht zulässt. Und so bringe ich mich Stück für Stück mit meinen vernünftigen Argumenten wieder auf den harten Boden der Realität zurück. Und bin anschließend frustriert und traurig. Und dann tröste ich mich wieder damit, dass meine Sehnsucht ja bald wieder gestillt werden wird, wenn wir wieder eine Session haben…

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